Der promovierte Biologe, Grüne Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Europaausschusses Toni Hofreiter ist im Landkreis München aufgewachsen und kennt die Flora und Fauna des Isartals wie kaum ein anderer. Gemeinsam mit ihm wandern wir seit über 25 Jahren einmal im Jahr entlang der Isar und erkunden den aktuellen Stand der Renaturierung, die Entwicklung der Wildflusslandschaft und lassen Flora und Fauna auf uns wirken.
Am 5. Juli ging es mit einer Gruppe von rund 30 Interessierten von der Dürnsteiner Brücke bis zum Ickinger Wehr. Während der ca. dreistündigen Tour erläuterte Toni Hofreiter zahlreiche ökologische Prozesse entlang der Isar und gab Einblicke in die Wechselwirkungen zwischen Vegetation, Wasserhaushalt und Artenvielfalt.
Auch die Bedeutung einzelner Pflanzenarten – sowohl ökologisch als auch in der Medizin – wurde thematisiert. Spannend für die Teilnehmenden war dabei u. a. der Fund einer seltenen Orchideenart: der rotbraune Stendelwurz (*Epipactis rubiginosa*).
Die Isar ist ein typischer alpiner Wildfluss: schnell fließend, mit hohem Transport von Kies, Sand und Geröll. Über weite Strecken wurde sie im Laufe des 20. Jahrhunderts begradigt – was gravierende ökologische Auswirkungen hatte, da dem Fluss die Möglichkeit genommen wurde, sich natürlich zu entwickeln und angrenzende Lebensräume zu prägen.
Ende der 1990er Jahre wurde ein bedeutender Renaturierungsabschnitt zwischen dem Ickinger Wehr und der Dürnsteiner Brücke umgesetzt. Die zuvor errichteten Uferbefestigungen wurden großteils zurückgebaut, wodurch der Isar wieder Raum für ihre natürliche Dynamik gegeben wurde. Bereits nach kurzer Zeit zeigte sich der Erfolg: Der Fluss bildete neue Mäander, Prall- und Gleithänge entstanden, und die natürliche Strukturvielfalt stellte sich wieder ein.
Ein wesentlicher Bestandteil eines Wildflusssystems sind die überfluteten Auwiesen. Sie bieten Lebensraum für zahlreiche spezialisierte Pflanzen- und Tierarten und sind damit wichtige Rückzugsräume in Zeiten zunehmenden Artenverlusts. Im Laufe der Jahre hat die Isar an dieser Stelle ihren Verlauf mehrfach verändert. Dabei entstehen an den Prallhängen (Außenkurven) Erosionszonen, während sich an den Gleitufern (Innenkurven) Kiesbänke ablagern, die Brutgebiete für seltene Vogelarten darstellen.
Entlang der Ufer lässt sich zudem die typische Vegetationder eines intakten Auwaldsystems beobachten – von Weichholzauen mit niedrigen Weichholzauen über mittelhohe Harthölzer bis hin zu hochwüchsigem Auwald.
Zum Ausklang traf sich die Gruppe im Gasthaus „Bruckenfischer“. In lockerer Atmosphäre wurden dort weiterführende Gespräche geführt – etwa zu Fragen der kommunalen Umweltpolitik, internationaler Klimadiplomatie und dem Schutz natürlicher Lebensräume. Die Begehung machte deutlich: Eine intakte Flusslandschaft wie die renaturierte Isar ist nicht nur ökologisch wertvoll, sondern auch ein Ort des Lernens und des politischen Dialogs.